Wei-En Chan

Gerne erinnere ich mich an meine erste Tasse Oolongtee bei meinem Großvater in Taichung: Dampfend heiß und bitter, aber im Nachgeschmack süßlich, war stark aufgebrühter Tee eigentlich nur etwas für Erwachsene. Für mich als fünfjähriges Kind war es ein spannendes Erlebnis, dass mich nachhaltig für Tee und Teekultur begeistern sollte. Mit drei sehr viel jüngeren Geschwistern und berufstätigen Eltern übernahm ich bereits im Alter von ca. 12 Jahren die Verantwortung, regelmäßig für die Familie zu kochen. Das hatte zugegebenermaßen auch, aber nicht immer etwas mit Spaß und Kreativität zu tun. Einige Jahre später begann ich zudem in einem der Bremerhavener Fischrestaurants am Hafen zu kellnern. Dort herrschte ein recht rauer Umgang, aber da ich auf den Lohn nicht verzichten wollte, habe ich mich durchgebissen und rückblickend eine Menge gelernt. So wirklich überzeugen konnte mich die Gastronomie aber erst mit meinem wachsenden Interesse an meiner Familiengeschichte und der taiwanesischen bzw. chinesischen Kultur, das wiederum auf einer für Migrantenkinder nicht untypischen Identitätssuche basiert. Mit dem Magisterabschluss in Sinologie und Ostasiatischer Kunstgeschichte war die kulturelle Auseinandersetzung zunächst ausreichend bedient. Doch wie bei so vielen Geisteswissenschaftler:innen blieb am Ende die Frage: Womit verdiene ich jetzt eigentlich meinen Lebensunterhalt?

Aus diesem Prozess heraus wurde mir allmählich klar, wo meine Talente und Interessen liegen: mit den Händen arbeiten, mit guten Lebensmitteln Geschichten und Kulturen vermitteln, Gastgeberin sein! Mit dieser Erkenntnis entstand 2016 das Cozymazu, wo wir, mein Team und ich, nostalgisch angehauchte Interpretationen der taiwanesischen Küche und traditionelle Teezeremonien anbieten.

Einige Jahre später und etwas älter, fühle ich mich rundum glücklich mit meiner Rolle als Gastronomin. Allerdings beschäftigen mich nun andere Fragen als damals: Wie können wir gute Gastgeber:innen sein, ohne unsere natürlichen Ressourcen und Mitmenschen rücksichtslos auszubeuten? Was müsste sich dafür ändern und was können wir tun? Ich möchte meinen verbliebenen Idealismus nutzen, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen und, wenn es mir vergönnt sein sollte, auch passende Antworten dazu finden, kulinarischen Genuss nachhaltig zu gestalten.

Jonas Baganz

Meine gastronomische Reise begann mit 14 Jahren mit einem Praktikum in der Küche eines gehobenen französischen Restaurants. Ich sollte schnell merken, dass der raue Ton, die hitzigen Arbeitsschritte und der stressige Trubel wenig mit meinen blumigen Vorstellungen zu tun hatten. Im selben Jahr wurde ich in eben diesem Restaurant als Aushilfe im Silvesterservice engagiert. Dieser Abend stellte schließlich den Auftakt einer andauernden Leidenschaft dar und wies mir meinen Platz außerhalb der Küche. In der Folge war ich vier Jahre lang Kellner und schließlich Gastgeber in jenem Restaurant.

Mit 18 Jahren verschlug es mich nach Berlin an die Universität, dort studierte ich über Jahre hinweg in diversen Fachrichtungen und profitierte von dieser wundervollen Stadt mit all ihren Einflüssen, die mich bis heute herausfordern und prägen. Mit Mitte 20 beendete ich schließlich meinen Bachelor in Kunstwissenschaft und stolperte in einen Master mit dem gleichen fachlichen Schwerpunkt.

Erste Erfahrungen mit der gehobenen Berliner Gastronomie durfte ich schließlich im zweifach besternten Restaurant Reinstoff von Daniel Achilles machen. Als Serviceaushilfe wurde ich mit Aufgaben betraut, die mich wiederum eine ganz neue Form der Achtsamkeit am Gast lehrten. Mit der Schließung des Betriebs endete meine Tätigkeit in der Gastronomie vorerst und ich konzentrierte mich vollends auf mein Studium, aus heutiger Sicht jedoch immer mit der nagenden Gewissheit, dass meine eigentliche Passion der Kulinarik gilt.

Im Oktober 2021 heuerte ich im Bandol sur mer, einem kleinen Sternerestaurant in Berlin Mitte, an. Innerhalb kürzester Zeit wurde mir das Vertrauen geschenkt, sämtliche Abläufe des täglichen Restaurantbetriebs zu begleiten und zu betreuen.

Mit einer berufsbegleitenden Zusatzqualifikation zum Sommelier (WSET) an der Deutschen Hotelakademie konnte ich das angeeignete Wissen festigen und erweitern.

Wenn ich zusammenfassen müsste, was mich auf meiner gesamten kulinarischen Reise antrieb und bis heute antreibt, dann wäre es wohl das Streben nach Wissen, die Lust am Lernen, am Ausprobieren und damit die Freude am (geschmacklich) Unbekannten. Ich würde diesen Prozess als Suche beschreiben, die Suche nach der idealen Dialogplattform für Lebensmittel und deren Geschichte, für Produzent:innen und deren Antrieb sowie für die Gäste und deren Bedürfnisse.